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E80: Wie funktioniert Bildung in digitalen Zeiten? – Anja Wagner (Frolleinflow)

August 18, 2020

Wie können sich Menschen neues Wissen am besten selbst aneignen? Was motiviert sie zum Lernen? Und was zeichnet gute digitale Lehre aus?
Das sind einige der Fragen, mit denen sich Anja Wagner seit gut 25 Jahren befasst. Die selbsternannte „Bildungsquerulantin“ hat viele Jahre in Agenturen gearbeitet und Konzerne, Mittelständler, Städte und Kommunen in Sachen Bildung, Lernkultur und Arbeitsorganisation beraten. Sie hat an der Hochschule gelehrt und zum Thema „User-Experience in benutzergenerierten Lernumgebungen“ promoviert. Und schließlich hat sie mit Frolleinflow eine eigene digitale Bildungsagentur gegründet, um ihre Kunden fit zu machen, was innovative Bildungsangebote, kreative Medienkonzepte, neue Arbeitsprozesse und digitale Kompetenz betrifft.
Im Interview mit Nils erzählt sie, warum das aktuelle Bildungssystem eine Grundsanierung benötigt und Zertifikate zunehmend an Bedeutung verlieren, wieso es heute wichtiger denn je ist, sich selbst kontinuierlich weiterzubilden und welche Skills jetzt und in Zukunft wirklich zählen.
Die beste Lernumgebung? Das Internet!
Für Wagner steht fest: Das deutsche Bildungssystem ist veraltet. Denn es wurde für das 20. Jahrhundert entwickelt und entspricht schlicht nicht mehr den Anforderungen, die das 21. Jahrhundert stellt. Dabei geht es weniger um das Curriculum, das überarbeitet werden müsste, als vielmehr darum, den Menschen eine geeignete Infrastruktur zum Lernen zur Verfügung zu stellen. Denn die Art, wie wir lernen, hat sich in den vergangenen Jahren dramatisch geändert.
Das Internet, davon ist Wagner überzeugt, bietet grundsätzlich die „beste Lernumgebung, die man sich vorstellen kann“, damit Menschen sich selbst Wissen aneignen, eigenständig lernen und dabei „in den Flow kommen“ können. Einer der Hauptgründe dafür: Es ermöglicht eine Demokratisierung, weil sich Menschen informieren können, ohne dass die Inhalte durch Lehrende oder andere Instanzen vorgefiltert werden. Sie können sich dort völlig frei bewegen und „sich selber upskillen“, so Wagner.
Das Problem dabei: Die wenigsten Menschen haben gelernt, die digitalen Möglichkeiten richtig für sich zu nutzen. Deshalb müsse es Aufgabe unseres Bildungssystems sein, die Menschen dabei zu unterstützen, sich selbstständig weiterzubilden und sich immer wieder neu ausrichten zu können. Ziel müsse es sein, die Menschen adäquat auf die immer schneller auf uns zurollenden Disruptionswellen vorzubereiten.
Das aktuelle Bildungssystem ist zu träge
Weil sich der Arbeitsmarkt massiv verändern werde, müssten sich auch die Menschen immer wieder wandeln, um Schritt halten zu können. Und genau das sei am besten über das Internet möglich. Die formalen Bildungsinstitutionen hingegen würden den neuen Ansprüchen schon deshalb nicht gerecht, weil sie viel zu träge seien. Schließlich dauere es zum Teil sehr lang, bis ein neues Curriculum entwickelt, zur Zertifizierung ausgeschrieben und schließlich akkreditiert ist: „Bis der Prozess durch ist“, so Wagner, „ist das Thema ja schon erledigt.“
Weil die Skills in der Bevölkerung aber genau in dem Moment gebraucht werden, in dem der Bedarf entdeckt wird, muss es schnellere Möglichkeiten geben, diesen Bedarf zu decken, als langwierige Aus- und Weiterbildungsprogramme, die zum Teil erst entwickelt werden müssen. Genau dieses Problem kann das Internet heute schon lösen. Vor allem die USA gehen hier mit gutem Beispiel voran: Anstatt die eigenen Mitarbeiter erst in langen Prozessen mit den neuen Skills auszustatten, suchen sich die Firmen Freelancer über Plattformen wie Fiverr oder Upwork, die sich das Wissen bereits angeeignet haben – und zwar oft selbstständig auf digitalem Wege.
Weg von der Angestellten-Kultur hin zur „Maker-Mentalität“
Unser Bildungssystem muss die Menschen aber nicht nur mental darauf vorbereiten, sich selbst immer wieder neues Wissen anzueignen und sich fortzubilden. Es muss laut Wagner auch die passende Infrastruktur dafür be...