SoftwareForFuture PODCAST Made by Lionizers

SoftwareForFuture PODCAST Made by Lionizers


E71: Wie entwirft man Geschäftsmodelle für die digitale Zukunft? – André Lienesch (Helm AG)

April 14, 2020

Mit einem Umsatz von über 5,1 Milliarden Euro im Jahr 2018 zählt die Helm AG zu Deutschlands Hidden Champions. Das traditionsreiche Hamburger Unternehmen gehört zu den weltweit größten Chemie-Marketing-Firmen. Darüber hinaus ist Helm in den Bereichen Pflanzenschutz- und Düngemittel tätig sowie im Bereich der pharmazeutischen Wirkstoffe und Arzneimittel.
Helm selbst sieht sich als Brücke zwischen den Produzenten und den verarbeitenden Betrieben: „Wir kümmern uns nicht nur darum, dass wir Einkäufer und Verkäufer vermitteln, sondern wir kümmern uns auch um die ganze Abwicklung“, erklärt André Lienesch, Leiter der Digitalisierungs- und Innovationsabteilung von Helm.
Im Interview mit Nils gibt er einen Einblick, wie Innovationen bei Helm vorangetrieben, plausible Zukunftsbilder entworfen und neue Geschäftsmodelle entwickelt werden. Und er erklärt, welche Themen die Chemie-, Düngemittel- und Pharmabranche künftig ganz besonders beschäftigen werden.
Digitalisierung versus Digitisation
Weil der Begriff „Digitalisierung“ im Deutschen recht schwammig benutzt wird, hat sich die Helm AG schon sehr früh dazu entschieden, eine eigene Definition zu finden. Lienesch unterscheidet dabei zwei Begriffe: die deutsche „Digitalisierung“ und die englische „Digitisation“. Der letztgenannte Terminus würde so viel bedeuten wie „Mach aus etwas Analogem etwas Digitales“. Die eigentliche Digitalisierung wiederum gehe noch einen Schritt weiter: Hier sei das Ziel, digitale Güter zu nutzen, um diese entweder auf das aktuelle Geschäftsmodell anzuwenden oder aber ein ganz neues Business-Model zu kreieren.
Wichtig ist Lienesch außerdem die Differenzierung zwischen interner und externer Digitalisierung: Um die internen Digitalisierung kümmert sich bei Helm die Inhouse-IT. Hier geht es beispielsweise darum, Arbeitsprozesse zu erleichtern. Die externe Digitalisierung hingegen übernimmt das Team um Lienesch. Im Zentrum stehen dabei alle Themen, die über die Außenmauern der Helm AG hinausgehen und vor allem die (künftige) Interaktion mit Lieferanten und Geschäftspartnern betreffen.
Die wichtigsten Zukunftsthemen
Aktuell sei diese Interaktion noch sehr stark von der Face-to-Face-Kommunikation geprägt. Doch Lienesch ist sicher, dass das nicht so bleiben wird. Im B2C-Bereich sei es heute schon anders. Und so  wäre es wahrscheinlich, dass diese Veränderungen den B2B-Sektor ebenso prägen würden.
Auch das Thema Plattformen würde eine zunehmend wichtige Rolle spielen. Denn: „Plattformen versetzen in der Regel den Kunden in die bessere Position“, so Lienesch. Wenn beispielsweise mehrere Lieferanten das gleiche Produkt auf einer Plattform anböten, könnte dadurch die Rate der Langzeitverträge sinken, weil das Spot-Geschäft attraktiver würde. Durch Plattformen könnte es in gewissen Bereichen also leichter werden, die Ware tatsächlich „auf Knopfdruck“ zu bekommen.
Und schließlich sieht Lienesch besonders auf die Landwirtschaft – und hier speziell auf die Düngemittelherstellung – große Umwälzungen zukommen. Denn das hehre Ziel des Software-Giganten Microsoft sei es, Farmen so weit zu digitalisieren, dass der Düngemittelverbrauch auf den Feldern auf Null gesenkt werden könnte. Zwar geht Lienesch nicht davon aus, dass Düngemittel völlig überflüssigt werden. Für einige Märkte könne es aber durchaus bedeuten, dass die Nachfrage um etwa 40 Prozent sinken wird – und das schon in den nächsten vier bis sieben Jahren.
Weil grundsätzlich Produkte volatiler seien als Dienstleistungen, sei es in Zeiten der Digitalisierung deshalb dringend erforderlich, sich Gedanken über das eigene Service-Angebot zu machen: „Was ist denn morgen mein Mehrwert? Habe ich meinen Service, um das Produkt zu verkaufen oder Produkte, um Services zu verkaufen?“
Ziel müsse es sein, durch neue Angebote oder die Stärkung der bestehenden Dienstleistungen noch „kompletter“ auftreten und weiterhin als Wirtschaftsunternehmen mit der Industrie Geld verdie...