Der Multiple-Sklerose-Podcast

Der Multiple-Sklerose-Podcast


Wenn man denkt, es geht nicht mehr….

July 17, 2013

Nach der Diagnose MS wurde ihr schnell klar, dass sie etwas an ihrem Leben ändern muss. Und heute hat sie zwar sehr viel weniger Geld, aber sehr viel mehr Lebensqualität. Dabei hilft ihr auch ihr Optimimus. Sie achtet auf die kleinen Dinge - und kann sich helfen lassen.

Hier können Sie die Geschichte auch lesen:

Ich hab die Diagnose MS im März 2007 bekommen. Ich meine, ich hätte eine schubförmige MS, was man aber vielleicht so gar nicht sagen kann, denn ich hab noch nie einen Schub gehabt. Ich bin zum Arzt gegangen, zu meinem Check-Up alle zwei Jahre, und sie fragt mich am Schluss: „Wie geht's Ihnen heute?" Dann sagte ich: "Gut. Nur heute Morgen beim Haare eindrehen, mit Lockenwicklern, hatte ich irgendwie komische Befindlichkeitsstörungen." Dann hat sie mich aufgefordert, ich möchte doch mal so tun, als würde ich eine Glühbirne einschrauben. Dann hat sie gestutzt und gemeint, ich sollte mal beim Neurologen vorstellig werden, weil die Handbewegungen nicht symmetrisch verlaufen sind. Ich krieg heut' noch Gänsehaut, wenn ich das erzähle, denn ich bin dann am gleichen Tag noch ins jüdische Krankenhaus, die eine sehr gute neurologische Station haben, eingewiesen worden – oder aufgenommen worden. Dann liefen die ganzen Tests und dann hat sich innerhalb von 48 Stunden die Diagnose bestätigt. MS.

Mir ging's Scheiße. [lacht] Mir hat nichts gefehlt, weder körperlich noch mental und plötzlich denk ich: "MS." Und ich weiß, was das bedeutet, denn mein Bruder hat vor einigen Jahren schon die Diagnose MS gekriegt und ist heute im Rollstuhl. Ja, erstmal geschluckt. Erstmal die ganzen Untersuchungen mit Rückenmarkspunktion über mich ergehen lassen. Dann haben die mich im jüdischen Krankenhaus aber gut aufgefangen, mich gleich in eine Studie mit aufgenommen. Ich hab dann von Anfang an nach einer Cortison-Infusion- Stoßtherapie sofort mit spritzen angefangen. Copaxone, täglich einmal. Und das hab ich dann die ganze Zeit über gemacht. Ich kann weder sagen, dass es besser noch schlechter geworden ist. Meine 18 schwarzen Löcher sind konstant. Das zeigt das MRT, das ich jährlich mache. Ja, soweit, so gut.

Also schlagartig hat sich verändert, dass mir bewusst geworden ist, dass ich 20 Jahre wirklich an der Grenze oder auch über die Grenze gelebt hab. Arbeit, Montag bis Freitag, wenigstens 40 Stunden. Sehr viel Stress, sehr viel mit nach Hause genommen. Alleinerziehend mit Kind in der Pubertät, selber in den Wechseljahren. Ja, und dann dachte ich, da muss ich jetzt etwas ändern. Ich hab erstmal nicht gearbeitet. Dann hab ich sofort die Stundenzahl drastisch reduziert. Bin heute seit einigen Jahren in der Passivphase der Altersteilzeit. Hab gelernt mit sehr viel weniger Geld auszukommen. Hab aber dafür sehr viel mehr Lebensqualität.

Also, ich bin jetzt kein notorischer Optimist, aber aufgrund dieser Erkrankung hab ich mich gezwungen, noch optimistischer zu denken. Denn ich wollte kein Mitleid. Neid muss man sich verdienen. Möchte ich auch nicht. Aber Mitleid wird einem nachgeworfen, es hilft keinem. Ich wollte nicht jammern, ich wollte kein Mitleid, ich wollte einfach leben.

Man ist sowas von unten. Aber da darf man nicht verharren. Das hat mich körperlich ja erstmal in die Knie gezwungen durch diese Fatigue. Und dann natürlich im Juni die Diagnose Krebs. Da hab ich mir auch gedacht: "Was hab ich verbrochen? Was muss ich noch krank werden? Es reicht doch." Aber es hilft nur eines und man hat in der Phase auch Zeit zum Nachdenken. Ich hab in der Zeit nicht gearbeitet, ich war eineinhalb Jahre zuhause. Ich hatte eine Putzfrau. Ich habe gesehen, der Haushalt geht auch ohne mich. Ich putz heute nur noch das, was unbedingt sein muss. Ich hol mir Hilfe, Hilfe, Hilfe. Jeder muss dran glauben, jeder der was tun kann, muss was tun. Tut's auch gerne. Es ist unglaublich, was man an Hilfe kriegt, wenn man nach Hilfe ruft. Ich hab früher wahrscheinlich immer gedacht, ich kann das alles